Marko Dinićs Buch der Gesichter : Ein starkes Zeugnis jüdischen Lebens

Transparenz: Redaktionell erstellt und geprüft.
Veröffentlicht am

Marko Dinićs Roman "Das Buch der Gesichter" wird für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert und thematisiert die jüdische Geschichte in Serbien.

Marko Dinićs Roman "Das Buch der Gesichter" wird für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert und thematisiert die jüdische Geschichte in Serbien.
Marko Dinićs Roman "Das Buch der Gesichter" wird für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert und thematisiert die jüdische Geschichte in Serbien.

Marko Dinićs Buch der Gesichter : Ein starkes Zeugnis jüdischen Lebens

Heute ist ein ganz besonderer Tag für den österreichischen Autor Marko Dinic. Mit seinem neuen Roman "Das Buch der Gesichter", der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2023 steht, hat er ein eindrucksvolles Werk vorgelegt, das die komplexe Geschichte der Juden in Serbien thematisiert. Der Autor, der 1988 in Wien geboren und in Serbien aufgewachsen ist, greift in diesem für seine zweite Veröffentlichung nach „Die guten Tage“ von 2019 zurück.

Die Erzählung ist sowohl umfangreich als auch tiefgründig. Auf insgesamt 464 Seiten beschreibt Dinic die Schicksale der jüdischen Gemeinschaft während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere die Zeit, als Serbien von der deutschen Wehrmacht besetzt war. In dem Roman wird das Jahr 1942, ein Sommer, der schicksalhaft für die jüdische Bevölkerung war, besonders hervorgehoben. An diesem Tag wurde Serbien für "judenfrei" erklärt, was einen dramatischen Wendepunkt in der Geschichte markierte. Die Jüdische Allgemeine berichtet, dass eine wertvolle Haggada, die Olgas Mutter versteckt, zum Symbol für die Bewahrung des kulturellen Erbes wird.

Die Protagonisten des Romans

Im Zentrum der Geschichte stehen Isak Ras und seine Mutter Olga. Nach Olgas plötzlichem Verschwinden wird Isak von einem Anarchistenpaar, Rosa und Milan, aufgenommen. Während seiner Suche nach seiner Mutter und seiner eigenen Identität wächst Isak über sich hinaus. Beachtenswert ist auch die Figur des Mirko Dinic, eines serbischen Beamten und Kollaborateurs, die als Erzschurke fungiert. Dies geht einher mit weiteren zentralen Themen wie Geschichtsrevisionismus und dem Gedenken an die dunklen Kapitel der Vergangenheit.

Die Erzählstruktur des Romans ist besonders: Sie umfasst acht stilistisch unterschiedliche Kapitel, die verschiedene Perspektiven einnehmen und den Leser auf eine emotional mitreißende Reise mitnehmen. Hierbei begegnen wir nicht nur menschlichen Schicksalen, sondern auch literarischen Referenzen, die Dinics tiefes Wurzeln in der literarischen Tradition unterstreichen.

Ein Stück Geschichte

Metaphorisch betrachtet verlagert sich die Handlung nicht nur geographisch, sondern auch zeitlich, zurück in eine Epoche, in der die jüdische Gemeinschaft Serbiens einen schweren Verlauf nehmen musste. Die Geschichte der Juden in Serbien reicht bis in die römische Zeit zurück, hat aber im Kontext des Zweiten Weltkriegs eine besonders tragische Wendung genommen. Wie aus dem Artikel auf Wikipedia hervorgeht, überlebten von 82.500 Juden in Jugoslawien nur 14.000 den Holocaust. Diese Fakten untermauern die historischen Hintergründe, die Dinic in seinem Werk verarbeitet.

Das Buch vermittelt die brutalen Ereignisse und die verschiedenen Perspektiven der Charaktere und wird oft als Erinnerungsliteratur bezeichnet. Trotz der auf mehreren Ebenen schwer zugänglichen Handlung bleibt es ein unverzichtbarer Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte. In einem Land, das von Diskriminierung und Verfolgung geprägt war, ist Dinics Werk mehr als nur ein Buch – es ist ein Versuch, kollektives Gedächtnis und Identität zu bewahren.

"Das Buch der Gesichter" wird von Zsolnay veröffentlicht und kostet 28 Euro. Dieses Werk ist nicht nur eine literarische Entdeckung, sondern auch ein eindringlicher Aufruf zur Reflexion über die Vergangenheit und deren Auswirkungen auf die Gegenwart. So bleibt zu hoffen, dass Dinic mit seinem Roman viele Leser erreichen und einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um den Holocaust und seine Nachwirkungen leisten wird.