Skandal um Salzburger Festspiele: Kulturkampf oder Hochkultur?
Der Artikel beleuchtet die aktuellen Herausforderungen der Salzburger Festspiele, insbesondere die Themen Diversität und künstlerische Qualität.

Skandal um Salzburger Festspiele: Kulturkampf oder Hochkultur?
Die Salzburger Festspiele stehen in der Kritik – nicht nur wegen der künstlerischen Inhalte, sondern auch aufgrund der Auseinandersetzungen, die zuletzt hinter den Kulissen ausgetragen wurden. Wie etwa Die Presse berichtet, ist der kultivierte Umgang, den die Festspiele feiern möchten, in ein bedenkliches Fahrwasser geraten. Die öffentliche und private Diskussionskultur fühlt sich rückläufig an, und die Bemühungen um einen respektvollen Austausch scheinen nicht mehr in der gewohnten Form vorhanden zu sein.
Ein Paradebeispiel dieser Problematik ist die Kündigung der ehemaligen Schauspielchefin der Festspiele. Ihre unerlaubte Nebenbeschäftigung führte zu einem scharfen Bruch, und ihre negativen Äußerungen über die künstlerische Entscheidungsfindung werfen Schatten auf den Umgang miteinander. Dies hebt die brisante Lage hervor, in der die Salzburger Festspiele sich befinden – ein Ort, der schon immer für heftige Auseinandersetzungen bekannt war.
Der Intendant und die Herausforderungen
Markus Hinterhäuser, der seit Oktober 2016 als Intendant die Geschicke der Festspiele lenkt, sieht sich zunehmend den Herausforderungen der Institution gegenüber. Auch wenn sein Vertrag bis September 2031 verlängert wurde, gibt es Anzeichen für mögliche Umbrüche. Hinterhäuser, der in La Spezia geboren wurde und eine vielschichtige Karriere als Pianist und Musiktheaterproduzent vorweisen kann, wurde von einigen als psychisch krank denunziert – ein inakzeptabler Vorwurf, der nicht unwidersprochen blieb. Politiker und Medien äußern besorgt ihre Bedenken über die gegenwärtige Situation.
In der künstlerischen Qualität sehen viele ein Wanken – die Programmgestaltung von Marina Davydova wird als nicht angemessen für das Renommee der Festspiele beurteilt. Stattdessen wird ein Bedarf an innovativen und zeitgenössischen Perspektiven geäußert, der über die traditionellen Strukturen hinausgeht. Der Fokus auf Diversität und Repräsentanz, der in vielen Bereichen gefordert wird, ist bei den Festspielen noch immer ein großes ungelöstes Thema.
Die Frauenfrage und das Narrativ des „Jedermann“
Die Problematik der fehlenden Diversität und die anhaltende Abwesenheit von Frauen in künstlerischen Positionen wird von Experten wie Pia Janke betont. Bei der ersten Festspiel-Academy, die in Zusammenarbeit mit einem interuniversitären Forschungsnetzwerk durchgeführt wird, steht die Erarbeitung von Erneuerungsperspektiven im Vordergrund. Diese Academy soll einen kritischen Diskurs über den Gründungsmythos der Festspiele und deren Geschichte bieten, die von männlichen Persönlichkeiten dominiert wird.
Mit dem Stück „Jedermann“ muss sich die Festspiel-Academy ebenfalls kritisch auseinandersetzen. Es wird als exemplarisches Beispiel für die Reproduktion patriarchaler Strukturen und ein überholtes Frauenbild angesehen, was bei vielen auf Widerstand stößt. Der Anspruch, ein „Friedensprojekt“ zu sein, wird hinterfragt, und es gilt, die eigene Geschichte, die tiefgreifende Brüche enthält, wissenschaftlich aufzubereiten – eine Notwendigkeit, die laut Janke nicht länger ignoriert werden kann.
Die Salzburger Festspiele, die über 100 Jahre alt sind, stehen also vor der Herausforderung, sich neu zu erfinden und gleichzeitig ihrem hohen kulturellen Anspruch gerecht zu werden. In diesem Spannungsfeld muss sich der Intendant Markus Hinterhäuser positionieren, der bereits einige Auszeichnungen für seine künstlerische Leitung erhalten hat. Unter anderem wurde er im Februar 2024 mit dem Trophée Radio Classique in Paris geehrt und erhielt das Ehrenzeichen des Landes Salzburg.
Die Zukunft der Salzburger Festspiele bleibt somit ungewiss. Es rumort im Kulturbetrieb, und die Frage, wie viel Kultur Salzburg wirklich verträgt, wird zunehmend lauter diskutiert. Ob die Festspiele die Wende schaffen und sich den aktuellen Herausforderungen stellen können, bleibt abzuwarten.